Leiblichkeit - Identitat - Gewalt: Der mehrperspektivische by Holger Jessel

By Holger Jessel

Gewalt ist nicht nur als Handlungsoption everlasting verfügbar, sondern ebenso als Kommunikationsthema. Im ersten Fall konstituiert diese prinzipielle Verfügbarkeit ein Machtverhältnis, das durch ein Handeln wider den Willen eines anderen Menschen charakterisiert ist, während es im zweiten Fall um Macht in Kommunikatio- beziehungen geht. Nicht nur die Ausübung von Gewalt erzielt demnach Aufmerks- keit, sondern auch das Sprechen über Gewalt, da beide Aspekte auf ein großes Bedrohungspotential verweisen. Insofern ist der Begriff, ähnlich wie der der Aggression, in vielerlei Hinsicht instrumentalisierbar. Die besondere Herausforderung in der Auseinandersetzung mit der Gewa- thematik besteht nun darin, dass guy nicht nur auf der Handlungsebene, sondern auch in begrifflicher Hinsicht mit zahlreichen komplexen, ambivalenten und teilweise widersprüchlichen Zusammenhängen konfrontiert wird. Mit der Verwendung eines bestimmten Gewalt- bzw. Aggressionsbegriffs wird demnach eine Unterscheidung eingeführt, die zwar auf psychosoziale Wirklichkeiten verweist, mit diesen jedoch nicht ikonisch übereinstimmt und zwangsläufig mit einer Perspektivität verbunden ist. Diesen grundlegenden Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, wenn im Folgenden von Gewalt und Aggression die Rede ist. Der Begriff der Perspektive erhält seine besondere Relevanz vor dem Hintergrund postmodernen und konstruktivistischen Denkens. In ihm bündelt sich die Annahme der Beobachterabhängigkeit jeglicher Erkenntnis. Jede Aussage und jede Wahrnehmung bedarf demnach der komplementären Angabe der Aussage- bzw. Wahrnehmun- bedingungen und insofern ist die Forderung nach Mehrperspektivität beinahe zwangs- 1 läufig. Entsprechend dieser Überlegungen steht am Anfang der vorliegenden Arbeit auch nicht die Diagnose einer Zunahme von aggressiven bzw. gewalttätigen Handlungen bei

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Als Konstruktion und Rekonstruktion. Da für ihn die symbolischen Vorräte auf der Welt unendlich groß sind, stellt er konsequenterweise die Frage, wie wir die Vorräte der Welt einerseits und unsere eigenen andererseits überblicken können. Zur Beantwortung greift Reich auf zwei theoretische Modelle zurück, die jeweils unterschiedliche Facetten der symbolischen Konstruktion und Rekonstruktion erfassen; auf den vorrangig von George Herbert Mead (vgl. 1973) entwickelten symbolischen Interaktionismus sowie auf die Kommunikationsmodelle von Bateson (vgl.

27 Hierzu existieren übereinstimmende Auffassungen in der Theorie sozialer Systeme, der naturwissenschaftlich fundierten Systemtheorie und in verschiedensten Weisheitslehren. Bei Cramer und Kaempfer – zwei Naturwissenschaftlern – klingt das so: „Die Welt ist ein Prozeß. Sie ist nicht, sie geschieht“ (Cramer/Kaempfer 1990; zit. nach von Schlippe/Schweitzer 2000, 89). Ganz ähnlich formulierte es auch der Buddha: „Alles Seiende gleicht einem Strom. Wir steigen nicht zweimal in denselben Strom“ (Kornfield 1994, 84).

2 Der interaktionistische Konstruktivismus – wie gestaltet der Mensch Beziehungen? Für Kersten Reich (vgl. 2002, IX) sollte sich ein aufgeschlossener Konstruktivismus nicht nur an biologisch-kognitivistischen Konstrukten orientieren, sondern insbesondere auch den impliziten Konstruktivismus berücksichtigen, der vor allem für pädagogische Frage- und Problemstellungen, bei denen Inhalts- und Beziehungsprozesse ineinander greifen, von zentraler Bedeutung ist. Mit seinem Ansatz des interaktionistischen Konstruktivismus grenzt sich Reich (vgl.

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